Innovative Bemessungsmethode optimiert Planung von Gruppenbefestigungen

Nicht-lineares Federmodell für die realitätsnahe Bemessung von Verankerungen in Beton

2/4/2021
Waldachtal

Das nicht-lineare Federmodell setzt dort an, wo aktuelle Normen und Richtlinien bei der Bemessung von zugbeanspruchten Befestigungen in Beton auf Basis des Concrete Capacity-Verfahrens (CC-Verfahren) an ihre Grenzen stoßen. Einschränkungen zur Anwendung der Konzepte liegen beispielsweise bei den Ankerplattengeometrien vor. So decken die europäische Norm EN 1992-4 und ihr amerikanisches Pendant ACI 318 nur rechteckige Dübelanordnungen für bis zu neun Dübel mit maximal 3x3-Konfiguration ab. Zudem wird in den Vorschriften eine ausreichend steife Ankerplatte gefordert. Dies ist Voraussetzung, um mit dem Ansatz einer linearen Dehnungsverteilung die interne Kraftverteilung einer Dübelgruppe zu ermitteln, wobei zusätzlich Hebelkräfte berücksichtigt werden. Zur Bestimmung der steifen Ankerplatte fehlen jedoch Definitionen und Regelungen in den Vorschriften. 

In der Baupraxis weichen die Anforderungen und jeweils passenden Befestigungslösungen oft von der Bemessung ab, welche die aktuellen Vorschriften abdecken. Ein möglicher Problemlöser ist das nicht-lineare Federmodell, mit dem sich das gesamte nicht-lineare Verhalten von Befestigungen berücksichtigen lässt. Die neue Berechnungsmethode ermöglicht, Verformungen und Spannungen in Ankerplatten unter Krafteinfluss zu berechnen. Zugleich lässt sich die Lastverteilung beziehungsweise -umlagerung zwischen den einzelnen Ankern innerhalb einer Gruppe bestimmen. Die Überprüfung einer ausreichenden Ankerplattensteifigkeit ist nicht mehr nötig. Denn das Modell ermittelt automatisch den Widerstand der Gruppe unter Berücksichtigung der vorhandenen Ankerplatten- und Dübelsteifigkeit. 

Mit dem performancebasierten (verschiebungsbasierten) Konzept werden somit zusätzlich zu den übertragbaren Kräften Verschiebungen und Verformungen bei einer Verankerung unter Krafteinfluss in die Berechnung mit einbezogen. Bemessungsregeln in Bezug auf Dübelkonfiguration, Ankerplattendicke sowie Belastung werden bei der Methode realitätsnah berücksichtigt. Im Ergebnis wird mit dem Federmodell eine bessere Beurteilung des Gesamtsystems erzielt, als wenn sich die Berechnungen nur auf die Tragfähigkeiten beziehen.

Ausgangspunkt ist die Annahme, dass innerhalb einer Gruppenbefestigung die Zugkräfte von den Befestigungsmitteln aufgenommen werden, während die Druckkräfte direkt durch das Anbauteil in den Beton eingeleitet werden. Zur Bemessung wird der Federmodellansatz mit der FEM (Finite-Elemente-Methode) kombiniert. Die Ankerplatte und das angeschlossene Profil werden in finite Elemente unterteilt. Zug- beziehungsweise Druckfedern dienen zur Modellierung der Befestigungspunkte und des Ankerplattenkontakts mit dem Beton. Die Berechnung erfolgt durch die Verwendung der FEM. Dabei wird die Systematik projizierter Flächen auf Einzeldübel einer Gruppe angewendet und ihr individueller Einzelwiderstand betrachtet. Berücksichtigt wird dabei auch der Einfluss des Bauteilrandes und der benachbarten Befestigungen. Um eine genaue Kraftverteilung zwischen den Ankern der Gruppe sowie Verformungen der Ankerplatte zu berücksichtigen, wird eine verschiebungskontrollierte nicht-lineare Analyse durchgeführt. Ergebnis ist der realitätsnah berechnete Widerstand der Gruppenbefestigung in Form einer Last-Verformungskurve. Der nicht-lineare Federmodellansatz wurde im Rahmen der Dissertation von Boglárka Bokor an der Universität Stuttgart entwickelt und verifiziert (erscheint 2021), die bei der Unternehmensgruppe fischer als Senior-Expertin im Kompetenzteam Technologietransfer und Gremienarbeit arbeitet. 
 
Auf der fischer Website steht das Whitepaper „Federmodelle für die realitätsnahe Bemessung von Verankerungen in Beton“ zum Download bereit: https://www.fischer.de/de-de/service/federmodell. Darin erfahren Planer und Statiker Näheres zu dem neuen Ansatz. Anhand von Modellen und Beispielen wird verdeutlicht, wie sich die innovative Bemessungsmethode anwenden lässt. Betrachtet werden die Unterschiede zwischen dem linearen und nicht-linearen Federmodell sowie dem CC-Verfahren, in Hinblick auf die Möglichkeiten und Grenzen der Ansätze bei der Bemessung von zugbeanspruchten Befestigungen in Beton. 

 

Katharina Siegel-Rieck
Pressereferentin fischer Befestigungssysteme,
fischer Electronic Solutions
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