Größere seitliche Abstände und Höhendifferenzen zwischen Bahnsteigen und dem Einstiegsbereich an Straßenbahnen hindern Fahrgäste mit Rollstuhl, Kinderwagen, Gehhilfe oder Rollatoren am selbstständigen Vorankommen. In der Stadt Jena garantiert daher ein auf unterschiedliche Haltestellen zugeschnittenes Rampen-System aus GFK (Glasfaserverstärktem Kunststoff) der Fisco GmbH (Zusmarshausen) den dichten Abstand zum Fahrzeug und barrierefreien Zu- und Ausstieg. Die partiellen Bahnsteigerhöhungen sind Teil des Umbaus der Haltestellen-Infrastruktur zum Einsatz neuer Straßenbahnen – der „Lichtbahnen“ – in Jena.
Nach der „Lichtstadt Jena“ benannte „Lichtbahnen“ modernisieren den Öffentlichen Personennahverkehr in Jena. Geräumige und multifunktionelle Fahrzeuge des Herstellers Stadler (Valencia) erhöhen Attraktivität und Leistungsfähigkeit des Jenaer ÖPVN. Neben größeren Kapazitäten für die kontinuierlich steigende Fahrgastzahl bieten die neuen Straßenbahnen viel Platz und Vorteile für verschiedene Nutzergruppen, wie Familien mit Kinderwagen, Rollstuhlfahrer, Senioren mit Gehhilfe oder auch Fahrrad- und E-Scooter-Fahrer. Um Barrierefreiheit zu garantieren, mehr Fahrgäste fassen zu können und den Komfort zu erhöhen, sind die „Lichtbahnen“ bei gleichbleibender Spurweite von 1.000 mm deutlich länger und auch um 20 cm breiter als die vorherigen Fahrzeuge. Dies erforderte einen Umbau der Haltestellen, die durch Schneiden der Bordsteine angepasst wurden. Wichtiger Projektbestandteil war zudem das Nachrüsten von Rampen. „Von insgesamt 46 Haltestellen waren gerade einmal fünf barrierefrei aufgebaut, sodass Rollstuhlfahrer ohne Hilfe oder Zutun durch andere, wie den Fahrer, in die Straßenbahnen kommen konnten“, beschreibt Falk Hamann, zuständiger Projektleiter der Jenaer Nahverkehr GmbH, die Ausgangslage. So galt es, insgesamt 67 Rampen zu verbauen.
„Herausforderungen bestanden dabei in den vielen verschiedenen Bausituationen pro Rampe“, sagt Falk Hamann. „Mit den modular aufgebauten Fisco Lösungen ließen sich zwei Höhenunterschiede zwischen Bahnsteig und Straßenbahn von 3 cm und 5 cm, stark unebene Untergründe als auch verschiedene Abstände zwischen Bahnsteig und Fahrzeug ausgleichen. Selbst für die unterschiedlichen Innen- und Außenbögen, in denen viele Haltestellen liegen, bot Fisco die jeweils passende Rampe. Auch die Befestigung an verschiedenen Verankerungsgründen inklusive kleinteiligem Altstadtpflaster stellte für die Systemlösung kein Problem dar“. Zugleich ließen sich mit den 9,5 m langen Rampenelementen kleinere Toleranzen ausgleichen, die beim Schneiden der Bahnsteige entstanden waren.
Voraussetzung zur sicheren Verankerung an den Böden war die passende Befestigung. Zunächst wurden hierbei U-Schienen mit rund 3.000 fischer Betonschrauben UltraCut FBS II in der Größe 8 x 60 mm aus nichtrostendem Stahl (R) im Boden verankert. Hierauf ließen sich die einzelnen Rampenelemente aufstecken. Die innovative, verdeckte Befestigungs-Methode erforderte nur wenige Befestigungspunkte im Verankerungsgrund und ermöglichte die freie Positionierung der Bohrungen, um Bewehrungstreffer zu vermeiden – zugunsten der einfachen, schnellen und sicheren Montage. Neben Beton lag an den Haltestellen Kopfsteinpflaster vor, das nicht mit der Europäisch Technischen Bewertung (ETA) der UltraCut FBS II abgedeckt ist. Mitarbeiter der Fisco GmbH führten Zugversuche vor Ort mit den Betonschrauben durch, um deren Eignung für diese Anwendung nachzuweisen. „Die Markenbekanntheit der Firma fischer, zu der Fisco zu 100 Prozent gehört, überzeugte uns zusätzlich von dem Rampen-System“, sagt Falk Hamann. „Wir konnten sichergehen, dass man sich auf die Qualität und Funktionalität der Produkte verlassen kann.“
Im Praxiseinsatz haben sich die Rampen rückblickend bewährt und ihre Vorteile unter Beweis gestellt. „Dank des modularen Konzepts der Lösung konnten wir an allen unterschiedlichen Haltestellen die Barrierefreiheit der Jenaer Straßenbahn gewährleisten. Die Rampen sind durchdacht bis zur bündig abschließenden Senkkopfschraube, die Stolpergefahren vermeidet, sind täglich stark frequentiert und sehen immer noch frisch und ansprechend aus“, betont Falk Hamann. „Aus glasfaserverstärktem Kunststoff gefertigt, bieten die Rampen-Systeme eine höhere Formstabilität und Belastbarkeit als andere Bauteile, sind sehr witterungsbeständig, verschleißfest sowie durch das Gewicht der einzelnen Segmente von nur 11 kg als auch durch den geringen Montageaufwand einfach zu händeln.“ Neben der passenden Komplett-Lösung aus einer Hand punktete Fisco auch mit begleitenden Serviceleistungen. „Mich begeisterte die Professionalität des Unternehmens. So haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die verschiedenen Anwendungsfälle schnell und flexibel Lösungen gefunden und lagen dabei stets im Zeitplan.“ Die Leistungen reichten dabei von der Planung über die Entwicklung projektspezifischer Rampen-Lösungen inklusive Praxisversuchen und Testaufbauten mit mehreren Prototypen bis hin zur Erstellung passender Montageanleitungen und der Unterstützung bei der Ausführung vor Ort.
Entstanden sind Haltestellen in Jena, an denen Fahrgäste mit eingeschränkter Mobilität, wie Rollstuhlfahrer, jederzeit selbstständig und sicher in die Straßenbahnen ein- und ausfahren können. „Eine barrierefreie Intrastruktur ist wichtig für eine inklusive Gesellschaft“, sagt Günther Hirt, Geschäftsführer der Fisco GmbH. „Mit unseren Rampen-Systemen tragen wir im Bahnbereich einen Teil dazu bei, Verkehrsmittel für Menschen mit eingeschränkter Mobilität zugänglich zu machen.“ Verschiedene, in einem eigenen automatisierten Fertigungsverfahren hergestellte Fisco Rampenlösungen als Baukastensysteme sind serienmäßig lieferbar. Dank des modularen Aufbaus bieten sie unterschiedlichste Möglichkeiten zur individuellen Anpassung der Höhe, Breite, Länge und optischen Gestaltung. Zusätzlich entwickelt und liefert Fisco Sonderlösungen, die optimal auf die individuellen Gegebenheiten vor Ort, Anforderungen der Kunden und Bedürfnisse der Nutzer abgestimmt sind.